Tutorium 5

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Anstelle eines Foliensatzes gibt es diese Woche einen (sehr ausführlichen) Überblick zur Partialbruchzerlegung, da wir für die Bearbeitung der Übungen kaum neue Resultate benötigt haben (die entsprechenden Sätze aus der Vorlesung sind natürlich trotzdem sehr wichtig, auch für spätere Themen wie Gamma- und Zetafunktion!!!). Die Zusammenfassung ist möglichst aus “Sicht der Funktionentheorie” geschrieben und geht dementsprechend hauptsächlich auf die Berechnung von Kurvenintegralen und Potenzreihenentwicklungen mithilfe dieser ein.

Gerade der erste Punkt wird durch den Residuensatz zugegebenermaßen etwas ersetzt. Nichtsdestotrotz denke ich, dass man vielleicht trotzdem noch etwas mitnehmen kann, da anhand des Beispiels rationaler Funktionen noch einmal erläutert wird, was die Intuition für den Residuensatz ist und wie die Formel aus Lemma 3.3 zustande kommt. Für den zweiten Punkt, also die Berechnung von Potenzreihendarstellungen, kenne ich hingegen keine allzu hilfreiche Alternative (freue mich aber sehr, falls mich da jemand eines Besseren belehren kann :D), insofern ist vielleicht Beispiel 3 mit das Interessanteste.

Kurzprotokoll

Nachdem es keinen Foliensatz gab, haben wir hauptsächlich nur die Aufgaben besprochen.

Wir haben aber auch (zumindest im ersten Montags-Tutorium) kurz über Proposition 2.24 geredet (“konvergiert eine Folge holomorpher Funktionen gleichmäßig auf Kompakta, so ist auch der Grenzwert holomorph”) und hierbei Beispiele von Funktionen auf \(\mathbb{R}\) betrachtet, für welche die Aussage falsch ist – man sieht also auch hier wieder, dass Holomorphie deutlich restriktiver ist als reelle Differenzierbarkeit. Die Beispiele waren (geordnet danach, wie “ad hoc” sie sind):

  1. Die Funktionenfolge \(f_n(x) = \sqrt{x^2 + \frac{1}{n^2}}\), welche gleichmäßig gegen \(\lvert x \rvert\) konvergiert, s. hier für ein Geogebra-Applet. (\(\frac{1}{n^2}\) kann natürlich durch jede beliebige andere positive Nullfolge ersetzt werden.)
  2. Die Weierstraß-Funktion, die sogar nirgends differenzierbar ist (s. auch hier).
  3. Dieses Argument wurde bereits in der Vorlesung erwähnt: Gemäß des Satzes von Stone-Weierstraß (der englisch-sprachige Artikel ist deutlich umfangreicher) liegen Polynome bezüglich der Supremumsnorm dicht in den auf einer kompakten Menge \(K \subset \mathbb{R}\) definierten stetigen Funktionen (dieser Spezialfall ist auch als Satz von Weierstraß bekannt und kann alternativ konstruktiv mithilfe von Bernsteinpolynomen bewiesen werden). In anderen Worten: Jede stetige Funktion \(f \colon K \to \mathbb{R}\), \(K \subset \mathbb{R}\) kompakt, ist gleichmäßiger Grenzwert einer Folge von Polynomen. Natürlich sind aber die meisten stetigen Funktionen nicht differenzierbar (mit geeigneter Interpretation von “die meisten” sogar nirgends differenzierbar, s. beispielsweise hier).

Wir bemerken an dieser Stelle, dass in jedem der drei obigen Beispiele jedes Folgenglied sogar beliebig oft differenzierbar ist! Die Aussage ist für reelle Funktionen also auch durch Voraussetzen höherer Regularität nicht wahr (allerdings stimmt sie, wenn man gleichmäßige Konvergenz der Ableitungen voraussetzt; hierzu findet man recht schnell Ergebnisse unter dem Stichwort “uniform convergence of derivatives”).

Man kann sich auch überlegen, was jeweils in den drei Beispielen schief geht, wenn man versucht, sie ins Komplexe zu übertragen:

  1. Man kann versuchen die Wurzelfunktion auf \(\mathbb{C}\) zu erweitern, beispielsweise mittels Polarkoordinaten zu \(\sqrt{r \mathrm{e}^{\mathrm{i} \varphi}} = \sqrt{r} \mathrm{e}^{\mathrm{i} \varphi/2}\) (was natürlich nur eine mögliche Wahl ist). Allerdings ist dies bei \(0\) nicht holomorph und noch nicht einmal stetig auf einer (von den Einschränkungen an \(\varphi\) abhängigen) Halbgeraden, beginnend beim Ursprung. Setzen wir zum Beispiel \(\varphi \in [0, 2\pi)\) fest, so gilt \(\lim_{\epsilon \to 0} \sqrt{r \mathrm{e}^{\mathrm{i} \epsilon}} = \sqrt{r}\), aber \(\lim_{\epsilon \to 0} \sqrt{r \mathrm{e}^{\mathrm{i} (2 \pi - \epsilon)}} = -r\).
  2. Die \(\cos(b^n \pi z)\)-Terme in der Weierstraß-Funktion divergieren für \(\operatorname{Im}(z) \neq 0\) (beispielsweise weil \(\cos(x + \mathrm{i}y) = \cos(x) \cosh(y) - \mathrm{i} \sin(x) \sinh(y)\), was \(\lvert \cos(x + \mathrm{i}y) \rvert \ge \sqrt{\cosh(y) - 1} \overset{\lvert y \rvert \to \infty}{\longrightarrow} \infty\) impliziert); insbesondere konvergiert also auch nicht die die Weierstraß-Funktion definierende Reihe auf einer offenen Teilmenge von \(\mathbb{C}\).
  3. Der Satz von Stone-Weierstraß gilt zwar auch für \(C(K,\mathbb{C})\), \(K \subset \mathbb{C}\) kompakt, allerdings benötigt er zusätzliche Voraussetzungen. Für die Dichtheit von Polynomen in den stetigen Funktionen scheitert es daran, dass Polynome nicht abgeschlossen unter komplexer Konjugation sind (z. B. ist \(\overline{z}\) kein Polynom in der komplexen Variable \(z\) und auch nicht holomorph, weshalb wir hier keine Schwierigkeiten mit Proposition 2.24 kriegen).

Zum Mitnehmen

Aufgabe 3

Aufgabe 4

Ich sehe diese Aufgabe größtenteils als Übung, um bisher gesehene Techniken zu wiederholen. Insofern sind vor allem die Grundidee sowie gewisse Rechenschritte sehr wichtig, allerdings nichts Neues.

Aufgabe 5

Fun Facts

Ich denke, die oben erwähnte Weierstraß-Funktion und Dichtheit nirgends differenzierbarer Funktionen in \(C([0,1],\mathbb{R})\) genügen für dieses Mal. ;)